Die letzten 12 Monate waren mental und körperlich ziemlich anstrengend, insbesondere die häufigen Wechsel zwischen großartigen Erlebnissen und deprimierenden Rückschlägen. Alles begann mit dem Polar V800 + H7, die mir S. empfohlen hatte, damit ich mein Training zielgerichteter umgestalten könnte. Und so begab es sich, dass es seit dem 14. Februar 2017 (kein schlechter Scherz) wieder einen Mann in meinem Leben gibt. Wie? Der V800 natürlich, nicht S.! Der V800 ist ein ziemlich cleverer Trainingscomputer („Activity-Tracker“ oder „Sportuhr“ sind eindeutig Understatements) mit tausend Optionen und einem ziemlich großartigen Web-Interface samt App („Polar Flow“). Zusammen mit dem Herzfrequenzmesser (damals der H7, mittlerweile H10 und OH1) kann man damit sämtliche Aktivität(en), verschiedene Sportarten und den Ruhepuls tracken. Das Gerät ist dank VO2max-Test und physischer Parameter auch auf mich eingestellt und somit steht der permanenten Selbstoptimierung nichts mehr im Wege. Der V800 hat auch ein Trainingsprogramm für Laufstrecken bis hin zum Marathon; und ich bin tatsächlich erst dann besser geworden, als ich angefangen habe, die Intervalltrainings aus diesem Programm zu absolvieren. Mit dem Kauf meines (mittlerweile verkauften) Hardtail-MTBs hielten dann Sensoren für Speed und Cadence Einzug, nach langem Zögern (und häufigem Verfahren) noch der V650-Fahrradcomputer. Mittlerweile bin ich auch davon ein Riesenfan, denn ich kann z.B. via komoot Strecken selbst planen und die GPX-Datei dann bequem über Polar Flow auf den V650 importieren, um die Strecke dann mit Navigation abzufahren – oder neue Strecken aufzeichnen, wenn ich mit einer Rennradgruppe unterwegs bin. Werbung Ende, schließlich werde ich nicht dafür bezahlt!
Die Trainings- und Selbstoptimierung hatte dann zur Folge, dass ich mich innerhalb der letzten zwölf Monate dreimal verletzt habe: Schienbeinkantensyndrom links (vier Wochen Laufpause), Stressfraktur im Schambein rechts (zwölf Wochen Laufpause) und Fraktur in der 11. Rippe links (vier Wochen Laufpause und aktuell seit sechs Wochen kein Krafttraining). Verletzung Nummer eins im Mai 2017 konnte ich ganz gut verkraften, weil ich viel mit dem Hardtail unterwegs war und Krafttraining/Crosstrainer/Schwimmen in Ordnung waren – nur das Laufen ging eben nicht und der Halbmarathon im Juni war gestorben. Danach habe ich mein Laufpensum sukzessive wieder erhöht, allerdings zu viel und zu schnell, denn Verletzung Nummer zwei nach einem Treppensturz im September hat mir das (nicht erstattungsfähige) Laufcamp versaut, sowie den Marathon im Oktober. Das Traurige daran ist, dass ich nach sechs Wochen wieder hätte fit sein können, wenn ich nicht acht Wochen lang falsch behandelt worden wäre (Physiotherapie und Spritzen gegen Sitzbein, weiche Leiste, überlastete Adduktoren und all solche Dinge) – in den Schmerz reingehen ist bei einer Fraktur aber eben nicht so günstig, deshalb ging die Heilung erst dann los, als ich nach dem MRT endlich die richtige Diagnose hatte. Mein Vertrauen in Orthopäden ist seitdem ziemlich angeknackst. Interessanterweise konnte ich die gesamte Zeit über viel Krafttraining machen und auch Indoor-Radfahren (nicht draußen aufgrund der Erschütterungen) sowie auf dem Crosstrainer strampeln – nur das Laufen ging nicht und auch das Gehen war zwei Monate lang eine ziemliche Qual. Die ersten Laufversuche Indoor auf dem Laufband dann bei 10% Steigung mit 6km/h… Aber danach ging es schnell wieder bergauf. Bis mir Mitte März Verletzung Nummer drei einen erneuten Strich durch die Rechnung machte.
Ich hatte mich mental nach Verletzung Nummer zwei schon darauf eingeschossen, für einen Triathlon zu trainieren, um nicht wieder viel zu viel zu laufen (viermal pro Woche 30+ Kilometer im letzten Juli – kein Wunder, dass mein Schambein da etwas geknickt – haha – reagierte). Für den Triathlon habe ich mir ein anderes Rad besorgt (dazu an anderer Stelle mehr); da aber das Wetter im Januar und Februar so schlecht war, habe ich viel Crossfit trainiert und entsprechend Muskelmasse aufgebaut, insbesondere an Schultern, Rücken, Armen und Oberschenkeln. Mir ist das selbst gar nicht aufgefallen, bis man es mir einmal gesagt hat. Gut, Muskelmasse ist natürlich kontraproduktiv für den Triathlon, weil ich dafür locker 5-10kg abnehmen könnte, damit mein Körper es nicht ganz so schwer hat (Flachwitz Nummer zwei). Nachdem ich immer sehr lange trainiere, konnte ich auch sehr gut Erfahrungen darin sammeln, welche Trainingskombinationen gut oder Gift für den Körper sind: Schwimmen, Radfahren, Laufen – kein Problem; Crossfit (inklusive Übungen wie Burpees, Boxjumps, Boxsack…) und danach Laufen – schon bedeutend anstrengender. Und dabei ist es letztendlich auch passiert: Ein Knacken auf dem Laufband und dann Atemnot und stechende Schmerzen seitlich links auf Höhe der Milz. Da der Unfall auf einen Samstag fiel (yeah, noch ein schlechter Wortwitz), bin ich im Schneckentempo ins Krankenhaus gewandert, wo man allerdings in der Notaufnahme nur überprüft hat, ob alle Organe heil sind und mich mit den Worten „Da könnte etwas gebrochen sein“ von dannen geschickt hat (und ohne Rezept für die Schmerzmittel, die ich mir hätte besorgen sollen, aber auf Schmerzmittel habe ich nach zwei Tagen schmerzmittelinduziertem Delirium sowieso verzichtet). Es folgte eine Odyssee von Orthopäde zu Orthopäde mit Diagnosen von „Rippe gebrochen“ über „Muskelzerrung“ bis hin zu „ach, Sie haben sich da nur verrenkt, lassen Sie mich das mal einrenken“. Glücklicherweise konnte ich meinen Wunsch nach einer bildhaften Diagnose durchsetzen, so dass noch in derselben Woche das korrekte Urteil gefällt werden konnte: Fraktur. Seitdem und bis heute habe ich nur Ausdauer trainiert (schwimmen darf man bei einer Oberkörperverletzung tatsächlich nicht) und überlege gerade, wo ich am besten ein Buch platzieren könnte zum Thema „Fit trotz Verletzung“ oder „Verletzungs-Comebacks“ (vielleicht wieder bei Springer Gabler?). Denn wenn man sich so unterhält, haben fast alle Vielsportler Verletzungsgeschichten zu erzählen und man könnte aus der Menge an Erfahrungen ein schönes Handbuch kreieren. We will see.
Eigentlich hätte ich gar nicht so weit ausholen müssen, aber ich wollte diesen großen Bogen schlagen, um zu erklären, warum ich mich nun auf einen Triathlon vorbereite: Die Selbstoptimierungsmöglichkeiten durch den V800 und andere Gadgets, gepaart mit einem ohnehin schon inhärenten Leistungsstreben und einseitigem Training (= zu viel Laufen) – das ist keine gesunde Kombination. Ebenso wenig ist es die Kombination aus Trainingsprinzipien, die gegenläufig sind – Crossfit ist zwar etwas anderes als „richtiges“ Bodybuilding, aber trotzdem hat man prinzipiell andere Ziele als bei Ausdauertraining (zu dem ergänzend natürlich auch Stabilitäts-, Mobilitäts- und Krafttraining gehört) – und wenn man sich die entsprechenden Sportler rein äußerlich ansieht, dann erkennt man das auch. Zumal hinzukommt, dass man nicht in allem „gut“ sein kann im Sinne von technisch gut und die entsprechenden Übungen einwandfrei beherrschend. Ein ordentlicher Triathlon-Trainingsplan (den ich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht habe) erscheint mir sinnvoller, als weiterhin ziellos einfach nur viel Sport zu machen – davon werde ich zwar besser, fange mir aber über kurz oder lang die nächste Verletzung ein.
Aber warum jetzt gleich einen Ironman? Gleich sowieso nicht. Rein belastungstechnisch ist die Olympische Distanz weniger intensiv / lang als viele meiner Trainingseinheiten, sprich: Das schaffe ich „auch so“, wobei ich natürlich in allen drei Disziplinen besser werden muss (das heißt in diesem Fall: schneller), damit ich nicht als Letzte ins Ziel einlaufe. Die Mitteldistanz (Ironman 70.3) ist eine Herausforderung, die ich 2019 packen will (und zwar zu Beginn der Saison, nicht erst im November/Dezember). Dafür wäre es super, wenn ich dieses Jahr zumindest einen Marathon schaffe – bei der Mitteldistanz läuft man zwar nur 21,1 km, aber wenn ich die 42,2 zuvor gepackt habe, dann sind 21,1 mental gesehen ein Spaziergang (der Kopf macht sowieso den Großteil aus). Mal sehen, ob es klappt – ich habe auf jeden Fall soeben das Marathon-Trainingsprogramm für den Stichtag 14.10.2018 (München Marathon) aktiviert. Wenn ich im Juni noch zwei SportScheck-Runs (je 21,1 km, einmal in Augsburg und einmal in München) mitnehmen kann, dann umso besser – und am liebsten auch noch den Altöttinger Halbmarathon. Der erste Triathlon am 12.05. ist leider aufgrund der Rippe gestorben (und ausverkauft), der nächste im Münchner Umland ist am 17.06. in Erding. In weiser Voraussicht werde ich mich noch nicht anmelden (falls ich mich wieder verletze), aber das Ziel steht. Shoutout an dieser Stelle an V., die ihren ersten Triathlon am 20.05. in Altenkunstadt absolviert – und an H., die mit mir in Karlsfeld starten wird, allerdings ist die Dame ein paar Jahre älter und ehemalige Ultramarathon-Läuferin (die auch weiß, wie wichtig Sport für die seelische Gesundheit ist). Nach Erding sehen wir dann weiter (Karlsfeld im Juli, München im August… man kann ohnehin jede Woche an einem Triathlon teilnehmen, wenn man die nötige Zeit, Muße und das Kleingeld dafür hat). Nochmal zurück zur Eingangsfrage: Naja, mit einem riesengroßen Ziel am Horizont macht mir das Ganze mehr Spaß, gibt mir mehr Antrieb. Außerdem sind die Videos der vergangenen Ironman-Veranstaltungen wirklich sehenswert (ich überlege tatsächlich, ob ich im Oktober mit meinen Meilen nach Hawaii fliegen soll, um dort beim Ironman als Volunteer mitzumachen). Außerdem – so komisch das klingt – gefällt mir die mentale Herausforderung, das Teamwork aus Kopf und Körper. Ganz zu schweigen davon, wie wahnsinnig stylisch die Tri-Klamotten sind.
Im nächsten Teil geht es um Equipment und meinen Status Quo – und wie weit der Weg vom Ist-Zustand zum Soll-Zustand wirklich ist.