Alles hat seine Zeit

Meistens will man alles auf einmal: Abschluss, Job, Partner(in), Urlaub, Wohnung, Freunde, spannende Unternehmungen, einen Kuss der Muse, die zündende Geschäftsidee. Ich zumindest ertappe mich immer wieder dabei, ungeduldig vieles auf einmal anzufangen und nie zu einhundert Prozent damit zufrieden zu sein, was dabei herauskommt. Wenn ich tippe, schiele ich sehnsüchtig auf meinen Skizzenblock. Wenn ich lese, werfe ich einen schuldbewussten Blick auf meinen Kalender mit den offenen Posten, die ich abarbeiten muss. Wenn ich an einer Sache arbeite, würde ich lieber an der nächsten Arbeiten. Bei der nächsten ist es dann die übernächste. Aber – und das ist sehr tröstlich – den meisten von uns geht es so. Früher konnten die Eltern uns noch beschwichtigen, wenn wir vorpreschen wollten – mit 14 zum Beispiel schon in den Club gehen, obwohl der Eintritt erst ab 16 erlaubt war. Alles zu seiner Zeit, hieß es oft.

Heute sind wir erwachsen: Die Zeit für alles ist jetzt. Aber alles auf einmal geht eben nicht.

Deshalb lehne ich mich in solchen Momenten, wenn ich einmal wieder alles auf einmal will, zurück und rufe mir in Erinnerung: Alles zu seiner Zeit. Denn alles hat seine Zeit. Uns steht jeden Tag nur ein begrenztes Maß an Energie und Disziplin zur Verfügung, die wir uns gut einteilen müssen. Auch wenn wir konzentriert an einer Sache arbeiten, heißt das noch lange nicht, dass das Ergebnis auch den Anforderungen (unseren eigenen oder jenen Dritter) entspricht.

Wir können (und müssen) uns zu unliebsamen Sachen zwingen, aber nichts erzwingen: Manchmal läuft es einfach nicht so, wie wir uns das vorstellen.

Wir können (und müssen) Sachen erledigen, aber keine Wundertaten vollbringen. Manchmal bleiben Sachen einfach liegen und bei vielen dieser Verzögerungen geht die Welt nicht unter.

Wir können (und müssen) uns Sachen vornehmen, aber nicht immer alle Faktoren zu deren Gelingen beeinflussen. Manchmal muss es erst im Kopf ‚klick‘ machen, bevor wir es schaffen, kurz oder lang gehegte Pläne umzusetzen.

Ich will meistens immer noch alles auf einmal. Aber ich übe mich in Geduld, während ich auf den Kuss der Muse warte. Ich versuche versuche, Dinge nach einander abzuarbeiten und mich dadurch nicht von der stattlichen Menge anstehender Aufgaben überwältigen zu lassen. Denn alles hat seine Zeit. Und wir haben für alles ein ganzes Leben lang Zeit – wie kurz oder lang es auch immer sein mag.

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